Medienpolitische Positionen des Presseclub Concordia

Der Presseclub Concordia setzt sich seit 1859 für unabhängigen Journalismus ein, weil Journalismus einen wesentlichen Beitrag zu faktenbasiertem Diskurs und politischer Öffentlichkeit leistet. Hier finden Sie eine Übersicht über unsere wichtigsten medienpolitischen Forderungen und Postionen.

1. Journalismusförderung

Der Presseclub Concordia tritt für eine Reform der Medienförderung im Sinne einer konvergenten Journalismusförderung ein.

Wir sind gegen eine indirekte Förderung von Medien durch Regierungsinserate und treten ein für eine deutliche Erhöhung der Fördermittel und eine transparente Vergabe, die an Hand von überprüfbaren Zielen und Kriterien zu Stande kommt. Zentrale Voraussetzungen für die Vergabe sollen die demokratiepolitische Relevanz und die Qualität eines Mediums sein. Onlinemedien sollen verstärkt gefördert werden. Zudem soll der Bereich Forschung und Weiterbildung stärker als bisher als Förderkriterium miteinbezogen werden.

Wir verstehen die Medienförderung nicht als eine Subvention einer notleidenden Branche, sondern als Investition in die Infrastruktur der Demokratie. Ziel von Medienförderung muss sein, Vielfalt und Qualität in allen Marktsegmenten anzuregen, demokratische und wirtschaftliche Wertschöpfung zu kombinieren, Innovation anzuregen und den Erhalt von journalistischen Arbeitsplätzen zu unterstützen.

Was wir für notwendig halten:

  • Förderung von unabhängigem, professionellem Journalismus in allen Medien
  • Förderung von journalistischen Arbeitsplätzen
  • Qualitätssicherung (Qualitätsmanagement, Weiterbildung, F&E, Evaluierungssysteme) und Einhaltung von professionellen ethischen Grundregeln (Mitgliedschaft beim Österreichischen Presserat, Vorhandensein ethischer Richtlinien wie Redaktionsstatuten, Ombudspersonen, Ethikkodizes etc.) als Voraussetzung für Förderung
  • Förderung von Digitaljournalismus und digitalem Vertrieb
  • Anreize für Innovation
  • Berücksichtigung der fairen Repräsentanz und Frauenförderung als Kriterium für die Fördervergabe
  • Überprüfbare Kriterien und transparente Vergabe der Mittel
  • Evaluierung der definierten Ziele

In einer Stellungnahme zur „Digitalförderung“ (März 2021) kritisierte der Presseclub Concordia die mangelnde Berücksichtigung rein digitaler Medien sowie ein klares Bekenntnis zu Transparenz bei der Vergabe, journalistischen Standards, Forschung, Entwicklung und Innovation.

Concordia-Stellungnahme zu 210 Millionen Medialeistungen (Dezember 2020)

Im Zuge der Inseratenkorruptions-Affäre im Herbst 2021 haben wir unsere Forderungen hier anhand von Good Practices zusammengefasst

2. #GegenAngriffe: Schutz und Sicherheit von Journalist*innen

Angriffe auf Journalist*innen sind Angriffe auf die Pressefreiheit. Sie haben – vor allem online – ein untragbares Ausmaß erreicht. Der Presseclub Concordia hat daher im März 2020 ein Positionspapier zum Thema mit Vorschlägen und Forderungen erarbeitet, die

  • die rechtliche Unterstützung zum Schutz von Journalist*innen
  • die Sensibilisierung von Justiz und Behörden und
  • effizienteren Opferschutz

zum Ziel haben.

Zum Positionspapier

In einer Stellungnahme zum Hass-im-Netz-Gesetz der türkis-grünen Bundesregierung (Oktober 2020) regte der Presseclub Concordia in Kooperation mit Ingrid Brodnig Präzisierungen und Begleitmaßnahmen an. Damit dieses komplexe Maßnahmenpaket seine Zielsetzung, den Online-Angriffen Einhalt zu gebieten, erfüllen kann, sind aus unserer Sicht folgende Begleitmaßnahmen zentral:

  • Eine personelle Aufstockung der Gerichte und Staatsanwaltschaften,
  • Sensibilisierung für das Thema in Verwaltung und Exekutive,
  • Regelmäßige Evaluation, Begleitforschung und gegebenfalls Anpassung.

Die ganze Stellungnahme als PDF

Dokumentation von Angriffen auf Journalist*innen in Kooperation mit Verein ZARA

Um das Bewusstsein für die Problematik – und die Gefahr, die Angriffe auf Journalisten und Journalistinnen für die Demokratie bedeuten – zu schärfen, ermutigen die Concordia und der Verein ZARA Betroffene und Beobachter, diese mit Hilfe eines Meldetools zu dokumentieren. Die im Formular angegeben Daten werden analysiert und aufbereitet, die Ergebnisse anonymisiert veröffentlicht.

Zum Meldetool

3. Informationsfreiheit und Zugang von Journalist*innen zu Information

Österreich ist (gemeinsam mit Palau) Schlusslicht wenn es um das Recht auf Informationen von öffentlichen Institutionen geht. Bürger*innen sollen sämtliche Informationen – Aufzeichnungen, egal in welcher Form, die bei einer staatlichen Stelle vorhanden sind – erhalten können, solange durch diese Herausgabe kein Schaden im Sinn von eng definierten Ausschlussgründen entsteht. Durch Informationsfreiheit lassen sich Korruption und Steuergeldverschwendung einschränken und vermeiden und öffentliche Debatten können auf Basis vorhandener Daten und Fakten geführt werden. Für Journalist*innen ist es besonders wichtig, schnell und ohne Umwege zu staatlichen Informationen kommen, um ihre Kontrollfunktion gegenüber der Verwaltung und Politik wahrzunehmen.

Österreich ist das einzige EU-Mitgliedsland ohne Informationsfreiheitsgesetz, das eben dieses Recht auf Auskunft garantiert. Ganz im Gegenteil, das Amtsgeheimnis ist bei uns nach wie vor im Verfassungsrang, wiederum ein Alleinstellungsmerkmal. Auf dieses 100 Jahre alte rechtliche Relikt berufen sich öffentliche Stellen gerne, um Anfragen von Journalisten und Bürgerinnen abzuweisen.

Die Umsetzung eines modernen Informationsfreiheitsgesetzes und die Abschaffung des Amtsgeheimnisses sind für uns von höchster Priorität. Eine Einschränkung der Informationsfreiheit ist eine Einschränkung der Meinungsfreiheit.

Wir fordern daher ein modernes Informationsfreiheitsgesetz:

  1. Ein umfassendes Recht auf Information und Einsicht in die Akten der Verwaltung
    Positiv statt negativ: Auskunft muss die Regel sein, nicht die Ausnahme. Staatliche Stellen müssen auf Anfrage Informationen und Dokumente zur Verfügung stellen. Einsicht in Akten muss möglich sein, persönlicher Datenschutz dennoch gewährleistet bleiben. Wichtig sind dabei kurze Fristen für die Informationserteilung. Der Informationszugang muss gerichtlich durchsetzbar sein.
  2. Eine Veröffentlichungspflicht für Behörden
    Aktiv statt passiv: Behörden sollen Verträge, Dokumente und Daten von sich aus in maschinenlesbarer Form online stellen, veröffentlicht in einem zentralen Informationsregister, kontrolliert von eine/r unabhängigen Beauftragte/n für Informationsfreiheit und Datenschutz (bzw. einer Schlichtungsstelle).

Eine Einschränkung der Informationsfreiheit bedeutet eine Einschränkung der Meinungsfreiheit. Zu diesem Schluss kam auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem Urteil gegen Österreich.

Anfang 2021 veröffentlichte die türkis-grüne Bundesregierung einen Ministerialentwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz. Gemeinsam mit der Vereinigung der ParlamentsredakteurInnen hat der Presseclub Concordia im Rahmen des Begutachtungsverfahren dazu eine Stellungnahme verfasst. Die wesentlichen Mängel sind aus unserer Sicht das Fehlen eines Informationsfreiheitsbeauftragten, die zahlreichen Ausnahmen und zu lange Fristen.

Stellungnahme zum Informationsfreiheitsgesetz als PDF

4. Öffentlich-rechtlicher Rundfunk

Der ORF ist für Österreich nach wie vor das Leitmedium. Der Presseclub Concordia setzt sich daher für gedeihliche Rahmenbedingungen für den ORF ein. Ziel ist ein „Rundfunk der Gesellschaft“: Er dient der Öffentlichkeit, er ist finanziert durch die Öffentlichkeit und er wird kontrolliert durch die Öffentlichkeit.

Hier finden Sie unser ausführliches Positionspapier zur Sicherung der Unabhängigkeit des ORF

Wir treten für einen beitragsfinanzierten ORF ein, da eine Finanzierung aus dem Staatsbudget der politischen Einflussnahme Tür und Tor öffnen würde.

Der Presseclub Concordia unterstützt die zivilgesellschaftliche Initiative Wir für den ORF.

5. Stellungnahme zum SVN-Gesetz

Am 23. Mai 2019 endete die Begutachtungsfrist für das „Bundesgesetz über Sorgfalt und Verantwortung im Netz“. Wir haben wie folgt Stellung genommen:

„Mit dem vorliegenden Entwurf für das SVN-Gesetz verfolgt der Gesetzgeber die Absicht, die Verfolgung von Rechtsansprüchen im Falle rechtswidriger Postings zu erleichtern und den „respektvollen Umgang der Poster in online-Foren miteinander“ zu fördern. Der Entwurf ist aus Sicht des Presseclub Concordia allerdings wenig geeignet, dieses Ziel zu erreichen. Besonders bedenklich ist, dass sich einige der vorgeschlagenen Maßnahmen sogar nachteilig auf die Freiheit der Meinungsäußerung und die Medienvielfalt in Österreich auswirken könnten. Insbesondere sind aus Perspektive des Presseclub Concordia folgende Aspekte hervorzuheben:

Wir teilen von Experten geäußerte Bedenken, dass eine VorabRegistrierungspflicht von Usern das Grundrecht der freien Meinungsäußerung berührt. Wir verweisen in diesem Zusammenhang auf die Gefahr des sogenannten „Chilling Effects“, der Menschen auch indirekt von der Teilhabe am öffentlichen Diskurs abhalten oder gar abschrecken könnte. Die im Entwurf vorgeschlagenen Maßnahmen können zu einem solchen „Chilling Effect“ und damit zu einer Einschränkung der freien Meinungsäußerung führen.

Als problematisch erachten wir weiters, dass die Entscheidung über die potenzielle Rechtswidrigkeit von Inhalten verstärkt an die Dienstebetreiber ausgelagert wird.

Und schließlich sind negative Folgen für die österreichische Medienbranche zu befürchten. Der Aufbau starker Community-Modelle ist in Österreich angesichts noch geringer Zahlungsbereitschaft der User ein wichtiges Geschäftsmodell für unabhängige Qualitätsmedien. Ein Eingriff des Gesetzgebers in solche Geschäftsmodelle, die Kosten für die Erfüllung der gesetzlichen Auflagen und die möglichen hohen Strafen bergen die Gefahr, die Position und Innovationskraft nationaler Medienmarken weiter zu schwächen.“

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