Gatterer-Auszeichnung an Ed Moschitz verliehen

Am 17. Juni 2021 wurde in Sexten, Südtirol zum ersten Mal die neue Gatterer-Auszeichnung für hervorragenden Journalismus verliehen. Preisträger ist Ed Moschitz für seine beiden „Am Schauplatz“-Reportagen aus Ischgl.

Dankesrede von Ed Moschitz

Sehr verehrte Damen und Herren, liebe Gäste und Ehrengäste,

im Dezember 2019 war meine Schauplatz-Sendung „Ibiza der Alpen“ noch darauf angelegt, die gigantischen Auswüchse im alpenländischen Skibetrieb und das dazugehörige Dorf Ischgl zu portraitieren. Meine These war, dass der Umgang eines Dorfes mit einer kritischen Öffentlichkeit, die Haltung der dort lebenden Menschen zur Natur, die Dynamik im Tourismus und das damit verbundene viele Geld, auch viel über die dort lebenden Menschen und ihren Alltag erzählen. 

In Ischgl liefen damals entlang von 239 Pistenkilometern noch mehr 1000 Schneekanonen neben 45 Bergbahnen und Liften auf Hochtouren. Das alles für bis zu 25.000 Gäste täglich. Das ist das 16-fache der Einwohnerzahl des Dorfes. Eine deutschen PR-Agentur hat es trotzdem geschafft, der Ski-Arena die Auszeichnung „klimaneutral“ zu verleihen.  Doch was die deutschen Werbefachleute da mit der Marke Ischgl trieben, war eher „Green-Washing“ als ernstgemeinter Umweltschutz.

Am Tag meiner Anreise hatte der Pressesprecher der Seilbahnen jedoch ganz andere Sorgen. Er war gerade verärgert darüber, dass ein deutscher Sender einen betrunkenen Ski-Gast in Ischgl zeigte, der nachts gegen eine Hausmauer urinierte. „Wenn sie auch sowas zeigen, gibt es kein Filmen bei uns“, schallte es daher aus dem Telefon. Im Büro des Bürgermeisters angekommen, war ich dann mit der Frage konfrontiert: „Wird das eine Positiv-Werbung oder Negativ-Werbung?“ „Keine Werbung“, versuchte ich zu erklären: „Information!“

Mir wurde bald klar, dass man in Ischgl an einer solchen Berichterstattung wenig Interesse hatte. Spätestens als eine einflussreiche Persönlichkeit den in Tirol lebenden Kameramann lautstark neben mir fragte: „Na, arbeitest wieder für die Wiener Hurentreiber?“

Meine erste Ischgl-Reportage mit dem Titel „Ibiza der Alpen“ wurde am 12. März vorigen Jahres fertiggestellt. – Wegen der sich zuspitzenden Corona-Situation in Ischgl entschied man sich im ORF, die Sendung abzusagen. Die Realität einer sich rasant ausbreitenden Pandemie hatte die von mir dokumentierten Inhalte scheinbar längst überholt. Die Sendung  „Ibiza der Alpen“ landete daher ungespielt im Archiv. Schon tags darauf wurden das Dorf Ischgl und das Paznauntal von der Regierung zum Quarantänegebiet erklärt. Und mein Telefon läutete unaufhörlich. Während die Verantwortlichen im Dorf nichts mehr mit mir zu tun haben wollten, suchten nun Saisonkräfte aus der Slowakei, Tschechien und Deutschland den Kontakt zu mir. Die Saisoniers der Silvretta-Seilbahnen-AG erzählten mir, dass man einige von ihnen noch vor den Straßensperren loszuwerden wollte. 

Sie berichteten vom fahrlässigen Umgang mit Covid-19-Infektionen. Von Todesängsten, die manche dort durchstanden und einem Dorfarzt, der fragwürdige Gesundheitszertifikate ausstellte. Für mich war eine Reise ins gesperrte Paznauntal wegen des Ausnahmezustandes dort nicht mehr möglich.Daher war ich für eine bereits geplante neue Fassung der Sendung nun auf Bilder von Handy-Kameras und Skype-Interviews angewiesen.Und ich staunte nicht schlecht, als Dorfbewohner*innen, die ich Wochen zuvor noch interviewt hatte, plötzlich nicht mehr auf meine Anfragen reagierten. Der Grund dafür war, dass die Ischgler Bevölkerung nach der Schließung des Paznauntals via E-Mails und Bezirkszeitung angewiesen wurde, nicht mehr mit Medienvertretern zu sprechen. Neuigkeiten aus dem Tal sollten sich nur mehr via Krisenstab verbreiten, dem Bürgermeister, Seilbahn-Vorstand, Obmann des Tourismusverbandes und ein hoch dotierter Krisen-PR-Berater angehörten.

Sehr geehrte Damen und Herren, es ist mir wichtig, Ihnen das alles zu erzählen, weil wir es hier mit einem Ort zu tun haben, der nicht, wie vielleicht in Werbespots dargestellt, wie ein idyllisches Bergbauerndorf funktioniert. Ischgl ist mit seinen gut 1000 buchbaren Betrieben längst ein professionell agierendes, hochprofitables Unternehmen geworden, das von der perfekten Inszenierung der Alpenregion und einer stark aufgeladenen Marke lebt.Heute herrschen in dem kleinen Dorf mit 1600 Einwohnern Immobilienpreise, wie man sie sonst nur von internationalen Großstädten kennt. Die Après-Ski-Bar „Kitzloch“ etwa – ein Gebäude, das einer besseren Almhütte gleicht – wurde vor wenigen Jahren noch um einen kolportierten zweistelligen Millionenbetrag verkauft. In Ischgl geht es fast immer um sehr viel Geld. Vielleicht war das der Grund, warum es im ORF-Zentrum in Wien, während meiner Arbeiten an der zweiten Sendung „Ausnahmezustand in Ischgl“, zu merkbaren Unruhen kam. Interventionsversuche soll es gegeben haben. 

Sehr geehrte Damen und Herren, es sind meist Krisensituationen und Ausnahmezustände, die uns deutlich vor Augen führen, wie widerstandsfähig und professionell ein Medienunternehmen agiert. In diesem Fall hat der ORF besser funktioniert, als einige von Ihnen vielleicht vermuten würden. Ich konnte meine Sendung ohne Einflussnahme fertigstellen und mehr als eine Millionen Menschen haben die neu entstandene Reportage „Ausnahmezustand in Ischgl“ gesehen. Ein Quotenrekord – und die Kritiken waren hervorragend. Ein halbes Jahr später.

Als ich im Herbst letzten Jahres in Ischgl nachfragen wollte, wie es den Menschen nach den Sommermonaten erging, bin ich im Dorf erneut auf „großes Schweigen“ gestoßen. – Das wurde dann auch gleich der Titel der dritten Sendung. Die Empfehlung an die Bevölkerung von Ischgl, nicht mit Medienvertretern zu sprechen, wurde nie widerrufen.  Sprecher des Krisenstabes war immer noch der Bürgermeister, gegen den bereits die Staatsanwaltschaft ermittelte. Die Message-Control hatte bereits den Beigeschmack, dass damit nicht nur die wertvolle Marke Ischgl, sondern auch Entscheidungsträger geschützt werden sollten. Die Stimmung gegen mein Team war durchaus feindlich. Nicht ein einziger Hotelier öffnete seine Türen für ein Interview. Schwierig war auch, dass sich im Dorf über den Sommer die Erzählung verbreitete, meine Gespräche mit den Saisoniers wären erfunden gewesen. 

Irgendjemand hatte wohl ganz bewusst das Misstrauen gegenüber Medien geschürt. Vielleicht war das auch der Grund, warum einem Hotelbesitzer beim Anblick unseres Filmteams im Dorf sprichwörtlich die Sicherungen durchbrannten und er den Kameramann tätlich angriff. Mit den Worten: „I bin eh Corona-positiv – Jetzt seid´s auch angesteckt.“

Im Unterschied dazu versuchten es die Medienprofis vom Tourismusverband mit Zuckerbrot. Wenn die Krise vorbei sei, solle ich mich ruhig melden. Der Obmann des Tourismus Verbandes würde mich gerne einladen: „Fünf-Sterne-Gastronomie, Entspannung direkt am Pool. Das soll natürlich keine Bestechung sein, bitte nicht falsch verstehen.“ Ein pensionierter Lehrer aus Ischgl argumentierte die Absage meiner Interviewanfrage, mit den drei – wie er sagt – „unqualifizierten Personen“, mit denen ich gesprochen hatte. Gemeint waren die Saisoniers aus der Slowakei, Tschechien und Deutschland. Er, bei dem viele Ischgler zur Schule gingen, hat kein Hehl daraus gemacht, dass er mit „solchen Menschen“ nicht in einer Sendung sein möchte. Die mir bekannten Saisoniers ihrerseits hatten während der letzten Betriebstage der Silvretta-Seilbahnen und in der Quarantänezeit in Ischgl viel mitgemacht. Und sie waren enttäuscht darüber, dass weder die ermittelnde Polizei, noch die Tiroler Expertenkommission oder die Staatsanwaltschaft, an ihrer Version der Erzählung interessiert waren. Die Saisonkräfte vermuten, dass man den Tirolern zuhörte, weil die sich besser artikulieren können. Sie vielleicht das nötige Geld haben, das Selbstvertrauen, die Beziehungen. Die Saisoniers fühlen sich daher gedemütigt und lehnen es auch ab, noch ein weiteres Mal in Ischgl zu arbeiten.

Sehr verehrte Damen und Herren, die Corona Krise hat die soziale Ungleichheit an vielen Orten verstärkte, sie deswegen aber nicht unbedingt auch sichtbarer gemacht hat. Sozial benachteiligte Menschen, die sich oft in Abhängigkeit anderer befinden, schreiben bekanntlich keine Presseaussendungen, sie beschäftigen keine PR-Agenturen, und sie können schon gar keine Sprechverbote anordnen. Ich möchte daher an dieser Stelle ganz bewusst an das Credo von Claus Gatterer erinnern, das lautet: „Im Zweifel auf Seiten der Schwachen“. In einer Zeit, in der Alleinerzieher*innen, Arbeiter*innen, Gesundheits- und Pflegepersonal, Menschen ohne geregeltem Einkommen, noch viel mehr als zuvor, zu den Verlierern zählen, möchte ich dem noch die Frage hinzufügen: „Wann, wenn nicht jetzt?“.

Daher, so finde ich, ist es die Pflicht von uns Journalist*innen, gerade bei den „Schwachen “ – um bei den Worten von Claus Gatterer zu bleiben – ganz genau hinzuhören und hinzuschauen. Nicht, weil wir sie vielleicht bevorzugen sollten, sondern weil wir sie, im Getöse des journalistischen Alltags, nur allzu leicht überhören und übersehen könnten. Weil Armut immer leise ist.

Sehr verehrte Damen und Herren, nachdem mein Handwerk keines ist, das man allein zustande bringt, möchte ich auch meinem Team danken: Tone Matis, ein in Tirol lebender Kameramann, der mir und meinem journalistischen Vorhaben stets ein engagierter und verlässlicher Begleiter war. Sandra Walla, eine begnadete Schnittmeisterin, die den Überblick behielt – auch wenn die Zeit noch so knapp war. Dem Schauplatz-Chef Klaus Dutzler, der – noch neu in seiner Funktion – Nervenstärke und journalistische Klasse bewies. Peter Resetarits, der nicht nur ein sehr guter Moderator ist, sondern sich auch als Krisenmanager bewährte. Der Abteilungsleiterin Waltraud Langer für ihre Verlässlichkeit und ihren professionellen Zugang. Und meinem ehemaligen Chef Christian Schüller, für die Einreichung zu diesem Preis, und dafür, dass ich während meiner Jahre in der Schauplatz-Redaktion viel von ihm lernen durfte. 

Ihnen allen, aber auch der Gemeinde Sexten, dem Land Südtirol, der Michael-Gaismaier-Gesellschaft und dem hervorragenden Team und der Jury des Presseclubs Concordia noch einen herzlichen Dank für diesen wunderbaren Preis, im Gedenken an einen ganz Großen. An Claus Gatterer.

Laudatio von Peter Huemer

Lieber Ed Moschitz, sehr geehrte Damen und Herren!

An den Anfang seiner beiden großartigen Berichte über den Fall Ischgl hat Ed Moschitz ein Leitmotiv gestellt. Ein erfolgreicher Hotelier erinnert sich an seine Kindheit und daran, worüber beim Essen geredet wurde: „Es hat nur ein Thema gegeben. Seilbahn, Seilbahn, Seilbahn. Immer nur die Seilbahn.“ Und warum das so ist, erfahren wir auch: „Die längste Seilbahn der Welt im ärmsten Dorf von Österreich.“ Das war in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts und damit hat alles begonnen.

Und nun zum Preisträger und seinen beiden Berichten in der ORF-Sendung „Am Schauplatz“ am 2. April 2020 und am 10. Dezember 2020. Eigentlich sind es ja drei Berichte und das kam so: Im Jänner 2020 ist Ed Moschitz nach Ischgl gefahren, um das „Mekka der Spaßgesellschaft“, wie es im Text heißt, zu porträtieren. Gemeint war damit Jubel, Trubel und Exzess beim Apres Ski. Denn dafür war Ischgl eine erste Adresse in Europa. Gemeint war aber auch die unglaubliche logistische Herausforderung, alle Gäste im Gebirge täglich ausreichend und zufriedenstellend mit Essen und Trinken und allem sonst Nötigen zu versorgen. Das kann man sich so vorstellen: Bei 12.000 Gästebetten und mehr als 1,4 Millionen Nächtigungen jährlich –  und das bei 1600 Einwohnern im Dorf! – und angesichts einer Saison von Ende November bis Anfang Mai bedeutet das, dass im Herbst rechtzeitig Tonnen Pommes Frites bestellt werden und Spaghetti und Topfenstrudel und Hektoliter Coca Cola und Bier und so weiter. Eine gewaltige Herausforderung. Aber damit nicht genug. Neben mehr als 200 km täglich ausgezeichnet präparierter Piste mit 1200 Schneekanonen – und dazu muss man wissen: 93.000 Personen können pro Stunde mit den Liften transportiert werden, das alles sind kaum vorstellbare Zahlen! – also: neben all dem sollte den Ski- und Spaßwilligen im „Ibiza der Alpen“ – auch so wird Ischgl bezeichnet und Paris Hilton war natürlich auch schon da – neben all dem muss also zudem die vielfältigste Unterhaltung geboten werden. Und für den Transport in das abgelegene Dorf gibt oder gab es fünf Taxiunternehmen, das größte mit 34 Autos. „Hier dreht sich alles um Tourismus“, heißt es im Bericht. Nur: es gab keine Alternative zum Tourismus.

Und dann das, der März 2020: Corona. Ischgl geriet international ganz schnell an den Pranger als ein Herd europäischer Ansteckung, ein Superspreader für den Kontinent – mag sein, da war manches unfair. Mehr als 11.000 Infektionen seien auf Ischgl zurückzuführen, schrieb „Der Spiegel“. Gerade zu diesem Zeitpunkt sollte der im Jänner gedrehte Jubel-Trubel-Bericht über Ischgl im ORF auf Sendung gehen und wurde natürlich abgesetzt. Aber wie sollte es weitergehen? Nach einigem Hin und Her und – ich zitiere „trotz massiven Drucks von der fast allmächtigen Seilbahn-Lobby, der aus dem Sender kolportiert wird“, so formuliert es Cathrin Kahlweit in der Süddeutschen Zeitung – also: Nach einigem Hin und Her im ORF konnte Ed Moschitz weiter recherchieren und Gespräche auf Skype und Zoom führen, weil er ja wegen der Quarantäne Ischgl nicht mehr betreten durfte. Nun erfahren wir über das Chaos, als infizierte Hotelangestellte und Touristen überstürzt abgereist sind, womit die Katastrophe noch größer wurde. Und einer der Gesprächspartner in Ischgl ist ein einsamer Tourist in Quarantäne und neben ihm nur noch drei andere und der Barmann im Hotel, sonst niemand. Und merkwürdige Atteste vom Gemeindearzt. Alles skurril. Und: Wie Ischgl in seiner Not und Ratlosigkeit von den Behörden alleingelassen wurde.

Ed Moschitz ist ein genauer Chronist, fragt beharrlich, analysiert die wirtschaftlichen Verflechtungen in Ischgl und zeigt, wie es zur Katastrophe kommen konnte. Mit offiziellen Vertretern der Gemeinde, die im Jänner, als Ischgl noch in Hochform war, bereitwillig Auskunft gegeben hatten, kann er jetzt nicht mehr sprechen, nachdem der Bürgermeister – so heißt es – allen im Dorf empfohlen hatte, nicht mit Medien zu reden.

Dieser Bericht aus zwei Teilen – Ischgl im Jänner als über-drüber Brennpunkt des alpinen Tourismus und Ischgl im März als über-drüber Brennpunkt der Pandemie – dieser Bericht ging am 2. April 2020 auf Sendung und war gerade deswegen so spannend, weil Jänner und März überhaupt nicht zusammenpassten. Das ging bis ins optische Detail: Eine Dorfstraße im Jänner, überfüllt mit einer unübersehbaren Menge von Skifahrern, die sich vor den Liftanlagen drängen, und dann dieselbe Dorfstraße im März, jetzt absolut menschenleer. Und diese ganze Geschichte „auf außergewöhnliche Weise erzählt“, wie Cathrin Kahlweit in der Süddeutschen Zeitung schrieb. „Ischgl im Ausnahmezustand“ war der Titel und es wurde die meistgesehene Sendung von „Am Schauplatz“: mehr als eine Million Zuseher.

Das war im April 2020 und natürlich sollte die Geschichte eine Fortsetzung erfahren. Dieser neuerliche Bericht wurde am 10. Dezember 2020 gesendet unter dem Titel „Das große Schweigen“. Denn genau damit war Ed Moschitz konfrontiert, als er im Spätherbst wieder nach Ischgl kam. „Wir wollen euch hier nicht mehr sehen“ hieß es und viele Menschen wollten auch nicht gesehen werden, indem sie sich auf der Straße etwas vors Gesicht hielten angesichts der Kamera. Soweit es über die Aggression hinaus überhaupt Reaktionen gab: Von Fragen nach dem eigenen Anteil an der Katastrophe war nichts zu merken. Die Medien seien schuld und Basta! Und wahrscheinlich hätten deutsche Touristen das Virus mitgebracht aus dem rheinischen Karneval. Man weiß doch, wie es dort zugeht. Oder es waren Südtiroler, die zum Schifahren gekommen sind, weil Südtirol früher als Ischgl alles zugesperrt hat.

Wut und Verzweiflung als die herrschende Grundstimmung. Und Ratlosigkeit. Als Ausgangspunkt der Pandemie in Europa wurde international von manchen Medien eine Bar namens „Kitzloch“ dargestellt. Umso bemerkenswerter, dass der Chef des „Kitzloch“ zum Interview bereit war und nachvollziehbar erklärte: Er kenne sich nicht aus mit solchen Krankheiten, er habe sich daher auf die Behörden verlassen. Und als die anordneten: Zusperren!, habe er zugesperrt. Wobei man schon sagen muss: Viele Lokale haben mit dem Zusperren bis zum allerletzten Moment gewartet, um angesichts der drohenden Katastrophe noch herauszuholen, was halt geht. Verständlich, aber verhängnisvoll.

Aber dennoch: Damit ist ein wichtiger Punkt in diesem Bericht angesprochen: Wie das Seilbahnparadies Ischgl nicht nur selber schuld ist, sondern wie es im Stich gelassen wurde von der Landespolitik. Und die unsägliche Formulierung: „Eine Übertragung des Corona Virus auf Gäste der Bar ist aus medizinischer Sicht eher unwahrscheinlich“, dieser Satz stammt ja wohl auch nicht von der Bar selber.

Zusammengefasst: Es ist ein Bericht über Ischgl in Schockstarre. Eine Reportage über einen Wintersportort ohne Wintergäste, die formal scheitert an diesem großen Schweigen, aber gerade darin liegt ihre hohe journalistische Qualität. Wir lernen ein österreichisches Dorf kennen, das die Welt kennt.

Zum Schluss: Ed Moschitz hat als Journalist auch schon selber einmal einen existenzbedrohenden Konflikt ausgehalten und es hat Jahre gedauert, bis der damit verbundene Prozess mit seinem Sieg zu Ende gegangen ist. Das war keine leichte Zeit. Für ihn gilt daher jenes Motto, das Claus Gatterer in den Mittelpunkt seiner Arbeit gestellt hat. Es lautet: „Das Fernsehen verlöre seinen Sinn, wenn es von Ängstlichen für Ängstliche gemacht wird.“ Und daran hat Ed Moschitz sich gehalten und darum wird er jetzt mit diesem wundervollen Preis ausgezeichnet. Ich gratuliere!