Medienpaket der Regierung: Erste Einschätzung

5. Oktober 2022

Das heute vorgestellte „Medienpaket“ besteht aus drei Teilen: Einer neuen Medienförderung, neuen Transparenzbestimmungen für öffentliche Inserate und dem Aus für die Wiener Zeitung als gedruckte Tageszeitung. Die drei Entwürfe können jetzt begutachtet werden. Eine erste Einschätzung:

1) Die neue Journalismusförderung

Die neue Förderung soll die „Vielfalt textbasierter Nachrichtenmedien als Grundlage für den öffentlichen Diskurs und die Meinungsvielfalt sowie insbesondere der von professionellen Journalistinnen und Journalisten in Verfolgung anerkannter journalistischer Grundsätze und der gebotenen Sorgfalt hinsichtlich Faktizität und Quellenherkunft in Redaktionen geschaffenen Inhalte“ unterstützen. Das ist sehr gut – Medien sollen nicht um ihrer selbst willen gefördert werden, sondern aufgrund ihres gesellschaftlichen Mehrwerts. 

Ebenfalls zu begrüßen ist, dass damit endlich die jahrzehntelang nicht angepasste Presseförderung ergänzt wird, und zwar um ein Fördervolumen von 20 Millionen Euro. Ein weiterer Anachronismus wird beseitigt: Nicht nur gedruckte Zeitungen, sondern auch reine Online-Medien können endlich um Förderung ansuchen – allerdings nur, wenn sie pro Jahr 40 Millionen Zeichen redaktionell publizieren. Diese Textmenge ist prohibitiv hoch und steht rechercheaufwändigem Qualitätsjournalismus im Weg.

Die bisherige Presseförderung für Tages- und Wochenzeitungen bleibt bestehen, dort wird nur Abschnitt IV – Qualitätsförderung – in die neue Journalismusförderung übergeführt. Auch die Publizistikförderung wird es wohl weiterhin geben. Medienförderung bleibt also fragmentiert.

Damit wird das Volumen im Vergleich zur bisherigen Presseförderung verdreifacht. Allerdings auch auf eine größere Anzahl an Fördernehmer aufgeteilt, denn nicht nur Online-Medien sind nun förderbar, sondern auch Magazine, die mindestens viermal jährlich erscheinen – und Gratiszeitungen. 

Hauptkriterium für die Förderung ist die Anzahl der hauptberuflichen Journalist*innen in einem Medium. Die Idee, journalistische Arbeitsplätze zu fördern begrüßen wir, allerdings erscheint uns die Definition hauptberuflicher Journalist*innen zu ungenau. So sind neben Journalist*innen, die nach Kollektivvertrag angestellt sind, auch Personen erfasst, “deren Gehalt sonst marktüblich ist”. 

Zusätzliche Förderung ist nach Qualitätsmerkmalen möglich: Redaktionsstatut, Fehlermanagement, Qualitätssicherungssysteme und Frauenförderpläne. Wir begrüßen ausdrücklich, dass damit einige unserer langjährigen Forderungen berücksichtigt werden. 

Was wir hingegen dringend weiterhin als Förderkriterium einfordern: Die Mitgliedschaft im Presserat! 

Genau zu beobachten bleibt die genaue Ausgestaltung, Bewertung und Evaluierung dieser Kriterien. Ihre genaue Definition obliegt der KommAustria, die dabei von einem Beirat beraten wird, dessen 5 Mitglieder von der Bundesregierung ernannt werden.

Weitere Förderungen gibt es für regionale, internationale und EU-Berichterstattung. 

Die Förderung von Aus- und Fortbildung, Forschung, Medienkompetenz, Selbstkontrolleinrichtungen, Presseclubs wandert von der Presseförderung in die neue Journalismusförderung. Interessant dabei die Dimensionen: Aus- und Fortbildung wird deutlich erhöht, von dzt. rund 600.000 auf 900.000Euro für Bildungseinrichtungen (wie fjum und KfJ). Dazu kommen600.000 Euro für redaktionsinterne und Nachwuchsausbildung. Ebenfalls deutlich erhöht wird die Medienkompetenz-Förderung für “repräsentative Medienpädagogikeinrichtungen” und Schul-Abos, erstere wurde bisher an den Verein MISCHA – Medien in Schule und Ausbildung vergeben, ein Verein des VÖZ.

Nicht erhöht wird das Budget des Presserats – was allerdings dringend notwendig wäre. Auch jene für Presseclubs bleibt gleich hoch. Bemerkenswert: Verringert werden soll die Förderung von Forschung, auf 50.000 Euro pro Jahr. Wir fordern dringend eine Erhöhung der Forschungsmittel, Forschungsergebnisse sind Grundlage für medienpolitische Diskussionen!

2) Medientransparenz

Vielversprechend ist die Novelle zur Vergabe von Regierungsinseraten: Die Inseratenvergabe durch öffentliche Rechtsträger soll künftig lückenlos dargelegt und transparent sowie nachvollziehbar gestaltet werden. Inseratenschaltungen werden ab dem ersten Euro offengelegt, bei Schaltungen über 5.000 Euro werden auch die Sujets der Inserate veröffentlicht, ab 150.000 Euro soll es einen Transparenzbericht geben und ab 750.000 Euro eine Wirkungsanalyse. Wir freuen uns über diesen wichtigen Schritt. 

3) Die Zukunft der Wiener Zeitung

Die Wiener Zeitung verliert mit den Pflichtveröffentlichungen ihre mit Abstand größte und wichtigste Einnahmequelle. Sie soll nur mehr monatlich erscheinen und ansonsten online berichten. Die Redaktion der WZ befürchtet “einen massiven Personalabbau durch eine Abkehr von der gedruckten Tageszeitung”. Das bedeutet: Einen Verlust publizistischer Vielfalt, die Streichung journalistischer Arbeitsplätze und voraussichtlich die Einstellung der ältesten Tageszeitung der Welt – eines historischen Kulturguts. Wir plädieren dringend an die Bundesregierung für den langfristigen Erhalt der Wiener Zeitung zu sorgen und die von Redaktion und anderen (wie auch uns) vorgelegten Alternativkonzepte zu prüfen.