Analyse des Medienprogramms von Schwarz-Rot-Pink
28. Februar 2025
Lesen Sie unsere erste schnelle Analyse des Medienkapitels der Dreiparteienkoalition.
Schwarz-Rot-Pink bekennt sich in der Präambel zu wehrhafter Demokratie und starkem Rechtsstaat und betont dabei folgerichtig die Bedeutung der Medien: “Unabhängige Medien, die objektiv, sachlich und kritisch berichten, sind eine unverzichtbare Säule demokratischer Öffentlichkeit” (Seite 7). Auf den Seiten 129 bis 132 können Sie im Kapitel “Medienstandort Österreich” die medienpolitischen Absichten nachlesen. Darunter finden sich einige Vorhaben, deren Umsetzung wir begrüßen würden:
- Medienförderung soll „mit dem Fokus auf Qualitätsjournalismus, Treffsicherheit, Zukunftsfähigkeit und Medienvielfalt“ weiterentwickelt werden, freilich wie vieles andere unter Budgetvorbehalt, unter dem auch ein “Ausbau der Förderungen mit Schwerpunkt Innovation, um Medien-Start-ups und neuen Medienprodukten eine Chance zu geben” geplant ist. Wichtig, dass bestehende Förderkriterien durch “u.a. Aufnahme eines Redaktionsstatuts” ergänzt werden (S. 129). Wünschenswert wäre aus unserer Sicht hier für Print- und Online-Medien auch die Anerkennung der Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats.
- Ebenfalls angekündigt: Die “Prüfung einer Zweckwidmung von Mitteln aus der Digitalabgabe für Medienförderung” (S. 129). Das würde zu einer Erhöhung der Medienförderung führen. Gut, wenn mit der Umsetzung von Reformen – siehe oben – verbunden.
- Für die Vergabe von öffentlichen Inseraten ist eine Evaluierung im Hinblick auf das Europäische Medienfreiheitsgesetz (EMFA) vorgesehen. Dieses reguliert die Vergabe nach transparenten, objektiven, verhältnismäßigen und nichtdiskriminierenden Kriterien. Weiters ist die “Verpflichtung der Bundesministerien, ihre Ausgaben für Informationstätigkeiten transparent in einem eigenen Budgetansatz (Detailbudget) zu führen”, geplant. Die Budgetansätze für Informationstätigkeiten sollen um 10 % im Vergleich zu den Vorjahresausgaben reduziert werden (S. 132).
- À propos Europäische Mediengesetze: Schwarz-Rot-Pink will sich auf europäischer Ebene für die Weiterentwicklung der wichtigen Instrumente des Digital Services Act und Digital Markets Act (DSA und DMA) einsetzen und nationale Maßnahmen zur Plattformregulierung prüfen. (S. 131). “Trusted Flagger, Schlichtungsstellen und Faktencheck-Initiativen” sollen besser unterstützt werden (S. 182).
- Medienbildung und der Kampf gegen Fake News und Desinformation sollen auch durch ein “Meine-Zeitung-Abo für junge Menschen” im Volumen von 30 Mio Euro (S. 21) – dies als “Offensivmaßnahme”, also ohne Budgetvorbehalt – und kostenlosen Zugang zu Digitalangeboten österreichischer Medien für Schüler/innen und Lehrlinge (S. 132) gefördert werden. Bei beiden Vorhaben wird es sinnvoll sein, die weiter oben bei Medienförderung angeführten Qualitätskriterien sowie den “Schwerpunkt Innovation” für Medien-Start-ups und neue Medienprodukte ebenfalls zu berücksichtigen.
- Der laufende Prozess “zum besseren Schutz von Journalistinnen und Journalisten auf Basis der EU-Empfehlung zum Schutz, zur Sicherheit und zur Stärkung der Rolle von Journalistinnen und Journalisten” soll fortgeführt werden und weitere Schritte für ein Konzept, das die bereits bestehende Rechtsberatung des Presseclubs Concordia berücksichtigt, geprüft werden (S. 132). Ebenso sollen gesetzliche Maßnahmen gegen SLAPP-Klagen umgesetzt werden (S. 129).
Das sieht nach sinnvollen Maßnahmen zur Weiterentwicklung des Medienstandorts aus.
Jedenfalls weiter diskutieren muss man über den ORF:
- Fix vereinbart ist die “Rasche Umsetzung des VfGH-Erkenntnisses zu den ORF-Gremien” (S. 130), und zwar in einer der Minimalvarianten: In Zukunft sollen nur sechs (statt neun) der 35 Stiftungsräte von der Bundesregierung entsandt werden, dafür neun (statt sechs) durch den Publikumsrat. Wichtig: Für den Stiftungsrat soll es, wie vom Verfassungsgerichtshof verlangt, öffentliche Ausschreibungen und eine genauere Definition der Qualifikationserfordernisse geben (S. 130).
- Im Publikumsrat werden künftig 14 (bisher 17) der Mitglieder von der Bundesregierung und 14 (bisher 13) direkt von im ORF-G aufgelisteten Institutionen bestellt. Diese Zusammensetzung des Publikums- und damit in Folge des Stiftungsrats ist eine nach dem VfGH-Urteil notwendige Verbesserung, aber noch nicht geeignet, die Unabhängigkeit des ORF gegenüber Regierungsparteien zu gewährleisten. Dazu sind weitere Maßnahmen notwendig.
- Immerhin wird aber in weiterer Folge die “Umsetzung einer Gremienreform im Rahmen eines breit angelegten Prozesses” mit mehr Bürgerbeteiligung, vielfältiger Fachexpertise, verstärkter Unabhängigkeit der Gremien und Stärkung des Publikumsrates in Aussicht gestellt (S. 131).
- Unter dem Titel ‚Gesamtreform des ORF‘ wird mehr Unabhängigkeit versprochen. Doch viele Maßnahmen sind vage formuliert, sodass unklar bleibt, ob sie wirklich zur Stärkung des Journalismus und zur Unabhängigkeit des ORF beitragen werden.
- Was aber fix den Journalismus im ORF nicht stärken wird, ist das vereinbarte Einfrieren des ORF-Beitrags bis 2029 (S. 130) Hans Peter Lehofer gibt dazu einen wichtigen Hinweis: “Das geht nur, wenn a) es ins Gesetz geschrieben wird (§ 31 Abs 19 ORF-G verlängert bis 2029) UND b) der unabhängige Generaldirektor des ORF zufällig genau das macht, was sich die Politik wünscht und das Verfahren nach § 31 Abs 22 ORF-G nicht einleitet (kein Antrag auf Neufestlegung des ORF-Beitrags).”
“Retten müssen sich die Medien schon selbst”, kommentiert Harald Fidler im Standard, “Medienpolitik kann nur Rahmenbedingungen schaffen”. Dass diese Rahmenbedingungen den unabhängigen Journalismus stützen, dafür wird sich die Concordia auch in den kommenden Jahren mit Inputs und Expertise in die Debatte einbringen. Wir sehen konstruktiven Diskussionen über die Details zur Ausgestaltung der Zukunft des Journalismus in Österreich mit Interesse entgegen – und zählen weiterhin auf Ihres.