160 Jahre Concordia – „Guter Journalismus ist nicht kleinzukriegen“

Am 7. November 2019 feierte unsere Journalistenvereinigung ihren 160. Geburtstag. Bundespräsident Alexander Van der Bellen gratulierte zum Jubiläum und betonte in seiner Festrede die zentrale Aufgabe des unabhängigen Journalismus in der liberalen Demokratie.

Politik ist „unvermeidlicher Gesprächsstoff“: Andreas Koller im Gespräch mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein, Medienminister Alexander Schallenberg, Nationalratspräsidentin Doris Bures und Stadträtin Veronica Kaup-Hasler.

 

Das älteste erhaltene Dokument aus der Geschichte der Concordia ist ein Schreiben der Wiener Polizeidirektion an die niederösterreichische Landesregierung. Es enthält das Ansuchen von 16 Journalisten und Schriftstellern um Gründung eines Vereins zur „Unterstützung hilfsbedürftiger Mitglieder“ und zur „Vermittlung geselligen Verkehrs“. Weitaus bemerkenswerter ist jedoch die ebenfalls enthaltene Einschätzung der Polizei, die insbesondere vor dem Zusammenschluss von Journalisten warnt:

„Zu einer Jounalistenversammlung ist die Diskussion politischer Fragen der unvermeidliche Gesprächsstoff. Die aus Besprechungen einer berechtigten und anerkannten Cotterie hervorgehenden Beschlüsse und Kundgebungen (…) können sich ganz dazu eignen, der Regierung, zumal in politisch bewegten Zeiten, mancherlei Verlegenheiten zu bereiten.“

160 Jahre später stand der Bundespräsident der Republik Österreich vor den Vertreter*innen ebendieser Versammlung und kommentierte das Schreiben amüsiert: „Es ist interessant, dass die Wiener Polizei schon 1859 ausgesprochen effizient war. Weil sie hat genau erkannt hat, was passiert, wenn sich Journalisten gesellig treffen. Beziehungsweise was der Sinn von Journalismus ist.“

„Es gehört zu Ihren Aufgaben, zu hinterfragen und zu kritisieren“, richtete sich der Bundespräsident an die zahlreichen Journalist*innen, die bei unserem Jubiläumsfest zu Gast waren. Dazu brauche es „Mut, Standfestigkeit und Zivilcourage“.

Concordia-Präsident Andreas Koller mahnte seine Kolleg*innen, ihre Aufgabe als Gatekeeper gerade in Zeiten von Social Media ernstzunehmen: „Wir müssen den Informationsschrott aussortieren und die wesentlichen Nachrichten in den richtigen Bezug zur Wirklichkeit setzen“. Die Rolle der Concordia sieht Koller vor allem als Vertretung der Interessen des unabhängigen Journalismus gegenüber der Politik. So werde der Presseclub der nächsten Regierung mit Nachdruck seine Forderungen übermitteln, „von der Schaffung eines modernen Informationsfreiheitsgesetzes bis zur Bereitstellung von zeitgemäßen medialen Rahmenbedingungen. Wir werden nicht nachlassen“, so Koller.

Unsere Generalsekretärin Daniela Kraus widmete sich in ihrer Festansprache der Geschichte der Concordia. Die hatte über den Lauf der Jahrzehnte viele Funktionen: Kranken- und Pensionsversicherung, Standesvertretung, Kulturveranstalterin und Lieblingsfeindin von Karl Kraus. Das medienpolitische Engagement ist dabei von Anfang an eine Konstante. Es ging und geht aber nicht nur um externe Rahmenbedingungen für unabhängigen Journalismus, sondern auch um Berufsethik und Normen. „Wir reden ja nicht nur der Politik, sondern auch Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, in’s Gewissen“, sagte Kraus den anwesenden Journalist*innen.

Van der Bellen beendete seine Ansprache optimistisch:

„Die Wiener Polizei konnte die Gründung der Concordia behindern, aber nicht verhindern. Sie konnte auf Dauer nicht verhindern, dass Sie der Politik, zumal in politisch bewegten Zeiten, mancherlei Verlegenheit bereiten. Deshalb resümiere ich zuversichtlich: Guter Journalismus ist nicht kleinzukriegen. Vielen Dank.“

Der Presseclub Concordia dankt allen guten Journalist*innen in Österreich, die seit 160 Jahren dem politischen und ökonomischen Druck standhalten und sich dabei nicht kleinkriegen lassen.

Fotos von der Veranstaltung finden Sie hier.

Die vollständige Rede des Bundespräsidenten finden Sie hier.