Sieben Forderungen an die künftige Regierung

25. Oktober 2024

Guter Journalismus bildet das Rückgrat einer demokratischen Gesellschaft. Jetzt braucht er Stärkung: Bewährte Finanzierungsmodelle sind durch die Macht der Online-Plattformen destabilisiert, politische Akteur:innen im In- und Ausland versuchen die öffentliche Meinung zu manipulieren, Angriffe auf Journalist:innen nehmen zu. Konstruktive Politik, gesellschaftlicher Fortschritt und rechtstaatliche, repräsentative Demokratie sind aber ohne unabhängigen, professionellen Standards verpflichteten Journalismus und eine stabile Medienlandschaft undenkbar.

Eine zukunftsorientierte Medienpolitik muss daher Journalismus stärken und dabei Qualität und Unabhängigkeit in den Mittelpunkt ihrer Fördermaßnahmen stellen.

Wir fordern:

1. Gezielte Förderung von Qualitätsjournalismus

Wir fordern die Reform und den Ausbau der Journalismus-Förderung mit dem Ziel, ausschließlich Qualitätsjournalismus und nach professionsethischen Standards arbeitende Journalist:innen zu unterstützen. Journalismus-Förderung muss konvergent und unabhängig vom Ausspielkanal sein. Zudem sollten demokratiepolitisch relevante Innovationsprojekte und Kooperationen gefördert werden. Die konsequente Einhaltung journalistischer Standards und Prinzipien, die Anerkennung des Österreichischen Presserats und seines Ehrenkodex und der transparente und verantwortungsvolle Umgang mit KI (menschliche Letztverantwortung/Human Accountability) und anderen Technologien müssen zentrale Kriterien bei der Vergabe aller Förderungen sein. Siehe: Eckpunkte einer konvergenten Journalismusförderung.

2. Stärkung von gemeinwohlorientiertem Journalismus

Schaffung bzw. Ausbau rechtlicher Rahmenbedingungen und öffentliche Finanzierung für gemeinnützige unabhängige Medien.

3. Stärkung der Unabhängigkeit des ORF 

Die umfassende Stärkung der Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und der Schutz vor unzulässiger politischer Einflussnahme, insbesondere durch eine weitgehende Reform der Gremien Publikumsrat und Stiftungsrat sowie durch transparente, objektivierte, begründete und überprüfbare Bestellung von Gremienmitgliedern und Management (wie sie auch der European Media Freedom Act verlangt), sind zentrale Grundbedingungen für die Zukunft des ORF als Rundfunk der Gesellschaft. Siehe dazu unser ausführliches Forderungspapier.

4. Schutz von Journalistinnen und Journalisten

Journalist:innen sind verstärkt Zielscheibe von online-basierten und physischen Bedrohungen und Angriffen. Diese Methoden sollen Einzelpersonen einschüchtern, sie zielen unter anderem auch darauf ab, Frauen aus dem öffentlichen Diskurs zu verdrängen. Wir fordern daher die vollständige Umsetzung der EU-Empfehlung zum Schutz, zur Sicherheit und zur Stärkung der Rolle von Journalist:innen.

5. Umsetzung der Europäischen Anti-SLAPP Vorgaben

Missbräuchliche Klagen gegen Journalistinnen und Journalisten sind eine zunehmende Bedrohung für die Pressefreiheit. Die EU hat mit einer Empfehlung und einer Richtlinie zum Schutz vor Strategischen Klagen ebenso wie der Europarat mit einer Empfehlung wichtige Schritte gesetzt, um solchen Einschüchterungsversuchen entgegenzutreten. Wir fordern eine schnelle und konsequente Umsetzung dieser europäischen Vorgaben auf nationaler Ebene.

6. Regulierung der Plattformen

Sogenannte “Social Media”-Plattformen fördern die Verbreitung von Desinformation, Hassrede und Polarisierung im öffentlichen Diskurs. Wir fordern eine strenge Regulierung der Plattformen (X, Meta, TikTok, Google etc.) sowie Maßnahmen zur Entflechtung von Kommunikationsoligopolen.
Der Digital Services Act (DSA) und der Digital Markets Act (DMA) gehen in die richtige Richtung, müssen jedoch erweitert werden, etwa durch zusätzliche Transparenzbestimmungen für algorithmische Entscheidungsprozesse und strengere Auflagen zur Bekämpfung von Desinformation. Zentrale Punkte finden sich in einem aktuellen Bericht der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.

7. Förderung der Medien- und Diskurskompetenz

Österreich sollte gezielt und im Kontext des lebenslangen Lernens die Medienkompetenz der Bevölkerung stärken. Es geht darum, Desinformation zu erkennen, sachlich zu diskutieren und angemessen auf Hassrede zu reagieren. Gleichzeitig muss die staatsbürgerliche Bildung gestärkt werden, um das Verständnis für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte zu erhöhen. Diese Kompetenzen sollten nicht nur in Schulen, sondern auch an Erwachsene vermittelt werden, sodass journalistische Tugenden Teil der Allgemeinbildung werden.

Wir warnen eindringlich vor einer Politik, die darauf abzielt, die Glaubwürdigkeit der Medien systematisch zu untergraben, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu schwächen, alternative propagandistische Kanäle zu etablieren und manipulative Informationsblasen zu stärken. Eine freie und unabhängige Presse ist das Fundament einer demokratischen Gesellschaft – ihre Schwächung bedeutet eine Schwächung der Demokratie selbst.