Am 26. April 2022 wurden im Parlament in der Hofburg die Concordia Preise verliehen. In der Kategorie Pressefreiheit wird Martin Thür (ORF) ausgezeichnet, in der Kategorie Menschenrechte Christa Zöchling (profil). Und der Ehrenpreis für das Lebenswerk geht an den Journalisten, Autor und Kommentator Paul Lendvai.
Martin Thür wurde von der Jury unter Vorsitz von Heide Schmidt für sein außergewöhnliches Engagement für die Informationsfreiheit geehrt. Im Rahmen seiner Recherchen zu Gehaltsfortzahlungen von ehemaligen Abgeordneten wurden dem ORF-Journalisten vom Parlament unter Berufung auf Datenschutz und Amtsverschwiegenheit wesentliche Informationen verweigert. Und wo manche die Recherche entnervt abbrechen würden, fing Martin Thür erst richtig an. Er beschwerte sich beim Bundesverwaltungsgericht und als dieses das Vorgehen des Parlaments bestätigte beim VfGH. Vor dem Verfassungsgericht erwirkte Thür dann eine bahnbrechende Entscheidung: Erstmals hielt ein Höchstgericht für Österreich fest, dass die in der Verfassung garantierte Meinungsfreiheit (Art. 10 EMRK) verletzt werden kann, wenn der Staat gegenüber Journalist*innen die Auskunft verweigert. In einem weiteren Verfahren zu einem unerfülltem Auskunftsbegehren über Corona-Hilfen ist die abschließende höchstgerichtliche Entscheidung noch ausständig, es wird von Thür aber mit derselben Konsequenz geführt. „Martin Thür hat mit seinem hartnäckigen Engagement alle rechtlichen Möglichkeiten genutzt und ein beträchtliches Stück Informationsfreiheit für Österreich und eine Stärkung des Journalismus als Kontrollinstanz erkämpft. Damit hat er ein Verständnis von Journalismus bewiesen, das sich unabhängig von persönlichen Risken für den eigenen beruflichen Fortgang der Prinzipientreue, der tiefgehenden Recherche und der Aufklärung verpflichtet sieht und ist daher vorbildhaft für Journalist*innen in Österreich“, begründet die Jury ihre Entscheidung.
In der Kategorie Menschenrechte wurde die Journalistin Christa Zöchling für ihre profil-Reportage “Der Hölle entrissen” ausgezeichnet. Darin beschreibt sie das komplizierte, letztlich aber geglückte Projekt, die afghanische Richterin Palwasha M. und ihre Familie vor den Taliban aus Afghanistan nach Europa zu retten. Zöchling selbst begleitete diese humanitäre Anstrengung nicht nur als Berichterstatterin, sondern war aktiv und maßgeblich an deren Erfolg beteiligt. Die Preis-Jury lobt die Geschichte als „blendend geschriebene und ergreifende Reportage und einfühlsames Porträt der bedrohten Familie“. Sie mache dabei etwas, was Journalismus normalerweise vermeide – ins Persönliche gehen. „Christa Zöchling stellt die Frage nach der Verantwortung westlicher Demokratien – wie Österreich – gegenüber jenen, die aufgrund ihrer westlichen Werte in Lebensgefahr schweben und in Afghanistan ohne Schutz zurück bleiben. Durch ihren unorthodoxen Rollenwechsel von der Beobachterin zur Akteurin, die aber nie den Blick für die Zusammenhänge verliert, gelingt es der Autorin nachvollziehbar und glaubhaft aufzuzeigen, was für viele Gefährdete möglich wäre, wenn die einzelnen EU-Mitgliedsstaaten ihre menschenrechtlichen Verpflichtungen ernst nehmen würden.“
Der Ehrenpreis für sein umfangreiches Lebenswerk ging 2022 an Paul Lendvai. Schon seit mehr als 60 Jahren ist der 1929 in Budapest geborene Journalist eine Bereicherung nicht nur für die publizistische Landschaft Österreichs, sondern für das gesamte geistige Leben in diesem Land. Mit seinen glasklaren und unbestechlichen Analysen hat er ganze Generationen politisch Interessierter durchs Leben begleitet. Er hat seinem Publikum bereits frühzeitig einen Blick hinter den Eisernen Vorhang ermöglicht – und das zu einer Zeit, als diese Weltgegend für viele noch Terra Incognita war und nur sehr wenige Journalistinnen und Journalisten dorthin geschaut haben. Unser Preisträger ist ein Vorbild für alle nachgeborenen Journalistinnen und Journalisten, seine publizistische Autorität, sein umfassendes Wissen und die Fähigkeit, diese kompetent zu vermitteln, sind beispielhaft.