Beamter als Regierungssprecher stößt auf Kritik bei politischen Berichterstattern
Das Vorhaben der neuen Koalitionsregierung, zur Kommunikation mit den Medien einen beamteten Regierungssprecher einzusetzen, stößt bei politischen BerichterstatterInnen auf heftige Kritik. „Regierungsmitglieder sollten über ihre Entscheidungen selbst Rede und Antwort stehen und nicht einen weisungsgebundenen Beamten vorschieben, der selbst nichts zu entscheiden und zu verantworten hat“, erklärt die Vorsitzende der Vereinigung der ParlamentsredakteurInnen, Claudia Dannhauser.
Bisher war es seit vielen Jahrzehnten Usus, dass Kanzler und Vizekanzler selbst vor die Journalisten traten, um zu aktuellen Themen Stellung zu nehmen und sich den Fragen zu stellen. Dies soll nun offenbar nur mehr in Ausnahmefällen geschehen. Den BerichterstatterInnen wird dadurch die Möglichkeit genommen, ihre Anfragen direkt an die Regierungsspitze zu richten. „Es geht hier nicht nur um die berichtenden Journalistinnen und Journalisten, sondern um die Bürgerinnen und Bürger, die ein Recht auf Information aus erster Hand haben“, kritisiert der Präsident des Presseclub Concordia, Andreas Koller.
Auch die beim ersten Ministerrat errichteten „door steps“, an denen einige Regierungsmitglieder ihre Medienstatements abgaben, sind kein geeignetes Mittel der Recherche. Journalistenanfragen nach dem vorbereiteten Statement wurden nicht oder kaum beantwortet, mit den meisten Regierungsmitgliedern war gar keine Kommunikation möglich.
Überdies vermissen die beiden Journalistenvereinigungen Presseclub Concordia und Vereinigung der Parlamentsredakteurinnen und –redakteure ein Bekenntnis zur Informationsfreiheit im neuen Regierungsprogramm. Österreich ist eines der ganz wenigen Länder, das noch die Amtsverschwiegenheit im Verfassungsrang führt und über kein modernes Informationsfreiheitsgesetz verfügt. Die Absicht der ÖVP-FPÖ-Koalition, die Information über ihre Tätigkeit insoweit zu kontrollieren, dass Regierungsmitglieder nur zu bestimmten Themen Stellung beziehen und ansonsten ein Beamter die Absichten und Entscheidungen der neuen Regierung verkündet, reiht sich nahtlos in dieses Selbstverständnis.