Wie hält es der Kanzler mit der Demokratie?

Heinz-Christian Strache wollte also mithilfe dubioser russischer Millionen den ORF und die Kronenzeitung übernehmen. Er wollte kritische Journalisten feuern und willfährige in den Redaktionen installieren. Er wollte kompromittierendes Material über politische Gegner ausländischen Medien zuspielen und damit einen „atomaren Krieg“ auslösen. Er wollte das österreichische Mediensystem nach dem Vorbild Ungarns umgestalten. Worte eines Mannes, der wenige Wochen danach zum Vizekanzler der Republik Österreich angelobt wurde. Worte eines Mannes, dessen Parteifreund Stiftungsratsvorsitzender des ORF ist. Worte eines Mannes, der – hätte er die Möglichkeit dazu – in Österreich in ein autokratisches Regime errichten würde.

Dass die Ära Strache jetzt vorbei ist, kann nur ein erster Schritt sein. Denn es reicht nicht, nur jene aus der Spitzenpolitik zu entfernen, die sich beim Verkauf und Verrat demokratischer Grundsätze auf frischer Tat ertappen lassen. Falls Bundeskanzler Sebastian Kurz diese Regierung schon nicht beendet, ist von ihm zumindest eine Grundsatzerklärung zu verlangen: In welcher Form gedenkt er, seinen Regierungspartner in Zukunft davon abzuhalten, dessen diktatorischen Phantasien zu verwirklichen? Wie hält er, wie hält die von ihm geführte Regierung es mit der Medienfreiheit? Wie mit der Unabhängigkeit des ORF? Wie mit der Transparenz? Und vor allem: Wie hält er, wie hält die von ihm geführte Regierung es mit der Demokratie? Fragen, auf die der Kanzler dem Land eine klare Antwort schuldig ist.

(Andreas Koller, 18. 5. 2019)