Engelbert Washietl: Ein Nachruf von Andreas Koller
Neben seiner beachtlichen journalistischen Karriere, die ihn in die Chefredaktionen von „Presse“, „Salzburger Nachrichten“ und „Wirtschaftsblatt“ führte, erwarb sich Washietl unschätzbare Verdienste in seinem Ringen um Ethik im Journalismus. Als Mitbegründer, langjähriger Vorsitzender und Sprecher der Österreich-Sektion der Initiative Qualität im Journalismus vernetzte er Gleichgesinnte in den drei deutschsprachigen Ländern und führte diesen Kampf bis zuletzt auch in publizistischer Hinsicht, nämlich als Kommentator, Berichterstatter und scharfer Beobachter medienethischer Entwicklungen. Sein Wirken war Ansporn und Vorbild für mehrere Generationen von Journalisten. Und das auch in sprachlicher Hinsicht, denn die Ethik der journalistischen Gesinnung und die Präzision der journalistischen Sprache waren für Washietl zwei Seiten derselben Medaille.
„Neben seiner Anständigkeit, Klugheit und Seriosität weist Engelbert Washietl eine ganz wesentliche Eigenschaft auf, die den guten Journalisten auszeichnen sollte, dies aber leider nur selten tut: Neugier. Und zwar nicht jene boulevardeske Neugier, die den Menschen tief ins Leben bohrt und die unseren Berufsstand so sehr und zu recht ins Gerede gebracht hat. Sondern Neugier, die hinter die Kulissen blickt, die Kulissen der Macht und der Mächtigen. Eine Neugier, die den Politiken auf die Phrasen und auf die Schliche kommt“. So würdigte der Presseclub Concordia Engelbert Washietl, als er für sein Lebenswerk ausgezeichnet wurde, und weiter: „Journalisten leiden unter dem meist allzu berechtigten Ruf, einer schwer erträglichen Eitelkeit zu frönen, gerne künstliche Aufgeregtheiten zu inszenieren und ihre eigene Bedeutsamkeit nicht allzu gering zu veranschlagen. Engelbert Washietl ist der wandelnde Beweis dafür, dass auch das Gegenteil funktioniert. Und dass auch ein notorisch uneitler, unaufgeregter, ja: bescheidener und nobler Mensch ein hervorragender Journalist sein kann. Washietl verzichtete Zeit seines Lebens auf das milieutypische Getöse um die eigene Person, er machte keinen Lärm um sich und wurde dennoch stets gehört. Er bespielt souverän die gesamte journalistische Klaviatur, er brillierte in Außen- und Innenpolitik, in Wirtschafts- und Medienpolitik. Und das mit einer Sprach- und Stilsicherheit, die ihresgleichen sucht und nur selten findet. Wobei sich Engelberts Stilsicherheit nicht nur aufs Sprachliche beschränkt, sondern die Gesamtheit seines journalistischen Schaffens auszeichnet. Er ist nicht, wie so viele unseres Berufsstandes, nur meinungsstark, er ist auch faktenstark. Er erlag nie der Versuchung, sein journalistisches Ethos der schnellen Schlagzeile zu opfern.“
Diesen neun Jahre alten Worten ist nichts hinzuzufügen – außer der Feststellung, dass Engelbert Washietl diesen seinem Werk neun weitere wertvolle Jahre hinzufügen konnte. Der Presseclub Concordia wird ihm ein ehrendes Andenken bewahren und ist in Gedanken bei seiner Familie und seinen Freunden.
5. Juni 2022