Concordia verbrieft: Daniela Kraus über die medienpolitischen Vorhaben der Parteien

Dieser Beitrag von Daniela Kraus ist in unserem Newsletter „Concordia verbrieft“ erschienen. Hier geht’s zur Anmeldung.

­ ­Liebe Freund*innen der Concordia, liebe Mitglieder,

es ist mehr als eine Déformation professionnelle, wenn wir darauf beharren, Medienpolitik ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken. Der öffentliche Diskurs verkommt zusehends. Guter Journalismus ist wesentlich für informierte gesellschaftliche Debatten und die Stabilität von Demokratie und Rechtsstaat, aber die Medien und mit ihnen Journalistinnen und Journalisten stehen unter enormem ökonomischem und politischem Druck.

Es lohnt sich also, vor der Wahl hinzuschauen, was die Parteien in Sachen Medienpolitik vorhaben. Machen Sie sich selbst ein Bild, wir haben die relevanten Passagen aus den Wahlprogrammen der im Parlament vertretenen Parteien für Sie zusammengefasst. Soviel sei vorweggenommen: In den Programmen finden sich zwar nicht die großen visionären Würfe, aber in den meisten doch vernünftige Ideen.

Beginnen wir mit der SPÖ, weil sie am ausführlichsten auf den Bereich Medien eingeht. Sie schlägt unter anderem vor, dass Medienförderung “ausgebaut, zugleich jedoch vereinfacht, zielgerichteter und wissenschaftlich begleitet” wird und dass die ​​ORF-Gremien reformiert werden: “Weniger Einfluss von Bundeskanzler und Bundesregierung, Aufwertung des Publikumsrats für mehr allgemeine Mitbestimmung, Umgestaltung des Stiftungsrats zu einem operativ arbeitsfähigen Aufsichtsorgan, Wiedereinführung geheimer Wahlen und Etablierung qualifizierter Mehrheiten bei der Wahl des Generaldirektors, sowie transparente Personalentscheidungen und Hearings bei der Personalauswahl” – und bringt relativ konkrete Vorschläge, wie Social Media-Plattformen strenger reguliert werden können.

Wie die SPÖ will auch die ÖVP die Medienkompetenz von jungen Menschen stärken. Zur “geistigen Landesverteidigung” schlägt die ÖVP unter anderem den Ausbau der Ressourcen zur Bekämpfung von Deep Fakes vor. Über die konkreten Pläne zur Gremienreform sagt das Wahlprogramm nichts, vom ORF jedenfalls erwarte man “objektive, sachliche und vielfältige Information, die jeden Anschein der Parteilichkeit von vorneherein ausschließt, sowie die Förderung österreichischer Identität und Regionalität in allen Programmen und Kanälen.” Der ORF solle “noch schlanker, bürgernäher und regionaler” werden, der öffentlich-rechtliche Auftrag “zeitgemäß definiert”. Die Förderpolitik der aktuellen Regierung – à la Qualitätsjournalismusförderung und Digitaltransformationsförderung – soll konsequent fortgesetzt werden und “vor allem auch eine flächendeckende Zustellung in den Regionen” sichergestellt werden.

Die Grünen fordern eine Harmonisierung und Ergänzung der Fördergesetze zur “Erreichung von Qualität, Vielfalt und Innovation” sowie “eine betragliche Begrenzung von Medienkooperationen, die von öffentlicher Hand finanziert werden” und “das strikte Verbot von Inseraten in Parteizeitungen” und bringen konkrete Vorschläge zum Schutz von Journalist:innen (Schutz vor Online-Überwachung, Bereitstellung von Rechtsberatung und psychologischer Betreuung sowie die Einrichtung einer Vertrauensstelle in Bedrohungsfällen, gesicherter Zugang zu Informationen und Arbeitsmöglichkeiten sowie Schulungen für Exekutive und Judikative im Umgang mit Journalist:innen). Zur ORF Gremienreform gibt es keine Details: “Unser Ziel für diese Reform ist, die öffentliche Akzeptanz und das Vertrauen in die Unabhängigkeit des ORF langfristig zu stärken.” Bei der Plattformregulierung geht es den Grünen um die Bekämpfung “manipulativer Algorithmen”.

Die NEOS wollen „nach einer Transparenz-Reform (…) Medien nach Qualitätskriterien plattformunabhängig“ fördern. Es soll einen „wirklich parteipolitisch unabhängigen ORF“ geben, Journalist:innen „ohne Einfluss von Inseratenstellen in Ministerien in Ruhe arbeiten“ können. NEOS setzen dafür auf die Reduktion von Regierungswerbung, auf eine Reform der ORF-Gremien “ohne Einfluss der Parteien” und eine klare Definition des öffentlich-rechtlichen Kernauftrags, eine Neuordnung der Medienförderung nach Qualitätskriterien und einem Gütesiegel und auf die Steigerung von Medien- und Digitalisierungskompetenzen zur Bekämpfung von Fake News.

Wir wissen ja alle, Papier ist geduldig, und die Vergangenheit lehrt, dass es in der Medienpolitik allzu oft doch nur um die Sicherung von Einfluss und Posten geht. Bei der FPÖ geht es aber bereits in der Schriftform vor allem um eines: Die Verschiebung von Geld und Aufmerksamkeit in ein blaues Paralleluniversum. Die FPÖ fordert die Abschaffung der Haushaltsabgabe als von ihr sogenannte “ORF-Zwangssteuer“. Die Regulierung der Inseratevergabe und die Änderung der Medienförderung entpuppt sich als Vorhaben zur Umverteilung, denn, so der Status Quo laut FPÖ: „Alternative Medien werden als rechtsextrem oder Verschwörungstheoretiker diffamiert und von Fördergeldern abgeschnitten.“ Sogenannte „alternative Medien“ – nennen wir sie beim Namen: blaue Parteikanäle, Plattformen für Verschwörungsmythiker bis hin zu rechtsextremen Kanälen – sollen genauso Förderung bekommen wie etablierte, unabhängige, faktenbasiert arbeitende Nachrichtenhäuser. Mit Inseraten alimentiert die FPÖ solche Medien ja schon jetzt. Da passt dann dazu, Gesetze gegen Online-Hetze und den Digital Services Act als „Zensur- und Maulkorbmaßnahmen“ abzulehnen.

Kurz gesagt: Die FPÖ will den ORF abschaffen, Propagandamedien mit Steuergeldern finanzieren und Hass und Hetze im Internet ungezügelt wuchern lassen. Das können wir wahrlich nicht als demokratiepolitisch zielführende Maßnahmen empfehlen.

Mehr Informationen zu den medienpolitischen Vorhaben der Parteien hat Harald Fidler in einer elfteiligen Reihe für den Standard aufbereitet.

Daniela Kraus
Generalsekretärin Presseclub Concordia